Die Vestibularisparoxysmie (VP) ist ein seltenes Schwindelsyndrom, das durch wiederkehrende, kurze Schwindelattacken gekennzeichnet ist. Die Erkrankung wird typischerweise durch eine neurovaskuläre Kompression des Nervus vestibulocochlearis verursacht[^2], kann aber auch sekundär durch raumfordernde Prozesse im Kleinhirnbrückenwinkel entstehen. Es gibt auch idiopathische Fälle ohne nachweisbare Ursache [^1].
Epidemiologie
Die Vestibularisparoxysmie ist eine seltene Erkrankung. In einem spezialisierten Schwindelzentrum macht sie etwa 3 % der Diagnosen aus. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 47 und 51 Jahren, wobei beide Geschlechter etwa gleich häufig betroffen sind. Fälle im Kindesalter sind sehr selten, zeigen aber ähnliche Symptome wie bei Erwachsenen[^1].
Symptome
Die Hauptsymptome der Vestibularisparoxysmie sind häufige, kurze Attacken von Dreh- oder Schwankschwindel mit Gang- oder Standunsicherheit, die Sekunden bis Minuten andauern. Die Attacken treten meist spontan auf, können aber bei manchen Patienten durch bestimmte Kopfbewegungen oder -positionen ausgelöst werden. Auch Hyperventilation kann Attacken und Nystagmus hervorrufen. In extremen Fällen können bis zu 70 Attacken pro Tag auftreten[^3].
Begleitend können einseitige auditorische Symptome wie Tinnitus oder Hyperakusis auftreten, entweder während der Attacken oder auch in den anfallsfreien Intervallen. Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinsverlust oder Stürze sind hingegen untypisch. In seltenen Fällen kann die Vestibularisparoxysmie mit anderen Symptomen wie einem Hemispasmus facialis oder Trigeminusneuralgie kombiniert sein, wenn benachbarte Hirnnerven ebenfalls betroffen sind.
Pathophysiologie
Es wird angenommen, dass die Schwindelattacken durch eine Kompression des vestibulären Anteils des Nervus vestibulocochlearis verursacht werden, analog zu anderen neurovaskulären Kompressionssyndromen wie der Trigeminusneuralgie oder dem Hemispasmus facialis[^2]. Die Kompression kann zu einer partiellen Demyelinisierung der Axone führen, was ephaptische Entladungen (pathologische interaxonale Übertragungen) zur Folge hat. Diese können durch arterielle Pulsationen oder sensorischen Input bei Kopfbewegungen getriggert werden. Der proximale, von Oligodendrozyten ummantelte Teil des Nerven (die Root-Entry-Zone) scheint besonders anfällig zu sein[^1].
Diagnostik
Die Diagnose basiert primär auf der typischen Anamnese mit kurzen, häufigen Schwindelattacken. Die diagnostischen Kriterien wurden von der Bárány-Gesellschaft festgelegt und unterscheiden zwischen "definitiver Vestibularisparoxysmie" und "wahrscheinlicher Vestibularisparoxysmie" [^4].
Bildgebung
Die Bildgebung mittels hochauflösender MRT-Sequenzen (z. B. CISS/FIESTA) kann eine neurovaskuläre Kompression des Nervus vestibulocochlearis darstellen. Ein solcher Kontakt findet sich jedoch auch bei einem signifikanten Anteil gesunder Kontrollpersonen (bis zu 55 %) und ist daher allein nicht beweisend für eine symptomatische Vestibularisparoxysmie[^1]. Eine Bildgebung des Hirnstamms und Innenohrs ist obligat, um sekundäre Ursachen auszuschließen.
Therapie
Konservativ
Die konservative Therapie der Vestibularisparoxysmie basiert im Wesentlichen auf medikamentösen Natriumkanalblocker wie Carbamazepin oder Oxcarbazepin[^1].
Chirurgisch
Eine mikrovaskuläre Dekompression ist eine Option für Patienten mit einer Vestibularisparoxysmie, bei denen eine medikamentöse Therapie nicht toleriert wird oder nicht ausreichend wirksam ist und in der MRT Bildgebung ein Gefäß-Nerven-Konflikt des Nervus vestibulocochlearis besteht.
